Akupunktur ist eine Therapieform der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Sie wird in China und in anderen asiatischen Ländern seit über 2000 Jahren praktiziert und heute in vielen anderen Ländern der Erde gelehrt und ausgeübt. Bei der Akupunktur werden sehr dünne Metallnadeln an bestimmten Punkten des Körpers eingesetzt. Es gibt ca. 365 Akupunkturpunkte; sie befinden sich entlang der "energetischen Kanäle", auch Meridiane genannt. Es handelt sich dabei um Bahnen, in denen die Energie (das Qi) unseren Körper durchfließt. Es gibt 12 Hauptkanäle, 8 sogenannte außerordentliche Kanäle und zahlreiche Sekundär- und Verbindungskanäle; alle zusammen bilden sie ein Netz, das den gesamten Körper durchläuft und alle Teile unseres Körpers miteinander verbindet. Auf diese Weise verteilt sich unsere Vitalenergie, das Qi, und gelangt in alle Organe sowie an die Körperoberfläche. Um gesund zu bleiben, sollte das Qi harmonisch und ausgeglichen durch unseren Körper fließen können.
Manche Umstände können ein korrektes und harmonisches Fließen des Qi behindern: falsche Ernährungs- und Lebensgewohnheiten, übermäßig starke oder nicht verarbeitete Gefühle, äußere Einflüsse wie Hitze oder Kälte. Für die Chinesische Medizin beruht jede Art von Beschwerden und/oder Krankheit auf einem Ungleichgewicht der energetischen Ströme. Der Qi-Fluss lässt sich aber positiv beeinflussen, indem Akupunkturnadeln bestimmte energetisch besonders aktive Punkte anregen und dadurch das Qi wieder in sein natürliches Gleichgewicht kommt. Auf diese Weise lassen sich viele Beschwerden und Krankheiten behandeln und heilen und auch Körperfunktionen kräftigen und vitalisieren. Bei einer Akupunkturbehandlung kommen je nach Bedarf unterschiedlich viele Nadeln zum Einsatz. Diese lässt man 20 - 30 Minuten wirken. Die Einstiche sind normalerweise nicht schmerzhaft, bewirken jedoch häufig eine subtile, aber tiefgehende Empfindung, die darauf zurück zu führen ist, dass der jeweilige Punkt aktiviert wurde – in der TCM “de qi” genannt. Während der Anwendung, wenn alle benötigten Nadeln gelegt sind, empfinden die behandelten Personen üblicherweise eine tiefe Entspannung. Von Fall zu Fall erwägt die Ärztin oder der Arzt, ob es angemessen ist, die Akupunktur zusätzlich mit anderen komplementären Therapieformen zu vervollständigen, um die Wirkung zu erhöhen, z.B. mit der Moxa (Moxibustion), die dem Körper Wärme zuführt oder mit dem Schröpfen, hilfreich bei Energieblockaden und um Organe zu beleben.
Akupunktur ist von allen chinesischen Heilmethoden diejenige, die in der westlichen Welt am häufigsten zur Anwendung kommt. In China und in anderen asiatischen Ländern kommen hauptsächlich Pflanzenheilkunde und Ernährungstherapie zum Einsatz, Akupunktur wird erst praktiziert, wenn durch die zuvor genannten Behandlungsmethoden keine Besserung/Heilung eingetreten ist. Unabhängig davon, auf welche dieser Heilmethoden die Wahl fällt: In der chinesischen Medizin ist es unabdingbar, sich eigenverantwortlich der eigenen Gesundheit anzunehmen, etwa indem man ungesunde Gewohnheiten ablegt und so lebt und isst, wie es dem eigenen Bedarf entspricht. Nur so lässt sich das erreichte Wohlbefinden nachhaltig aufrecht erhalten und wiederkehrende Blockaden und/oder Ungleichgewicht vermeiden.
Im Westen kommt Akupunktur vorrangig zur Schmerzbekämpfung zum Einsatz, doch mit dieser Therpieform lassen sich auch andere Beschwerden und Krankheiten wirksam behandeln. Viele gesundheitliche Beschwerden lassen sich beseitigen oder lindern, außerdem trägt Akupunktur dazu bei, das Allgemeinbefinden zu verbessern.
Die TCM zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass sie für die meisten Beschwerden Erklärungen hat und Behandlungsformen einsetzt, bevor daraus Krankheiten entstehen. Die westliche Medizin hingegen erkennt und heilt nur manifeste und "etikettierte" Krankheitsbilder mit genauen Diagnosen. Funktionellen Beschwerden (die übrigens der häufigste Grund für Arztbesuche sind) hat sie außer Symptombehandlung nichts entgegen zu setzen. Das frustriert sowohl Ärztinnen und Ärzte, die zwar erkennen, dass ein Problem vorliegt, es aber nicht behandeln können, als auch Patientinnen und Patienten, die sich bewusst sind, keine schwere Erkrankung zu haben, sich aber trotzdem unbehaglich fühlen oder Beschwerden haben, die sie nicht lindern können. Im Gegensatz dazu deutet die TCM das Unbehagen als beginnende Uneinigkeit im Organismus und setzt dort an: Somit ist sie im Stande zu korrigieren, bevor aus Disharmonie Krankheit entsteht. In diesem Sinn kann man sagen, dass die TCM eine Art Präventivmedizin darstellt: Ein Beweis ist der Umstand, dass in der Antike die Ärzte der TCM nur dann bezahlt wurden, solange ihre Patienten gesund blieben. Die Wichtigkeit der Prävention wurde in zahlreichen klassischen Schriften der TCM mit symbolischen und beschwörenden Formeln betont. Im "Klassischen des gelben Kaisers" steht z.B.: "Eine Krankheit zu heilen entspricht der Unterdrückung eines Aufstandes, der schon ausgebrochen ist; es ist, wie wenn jemand beginnt, einen Brunnen zu graben, wenn er bereits durstig ist, oder erst dann Waffen baut, nachdem er schon in Kämpfe verwickelt wurde".
Die Wirksamkeit der Akupunktur bei den unterschiedlichsten Beschwerden und Krankheitsbildern bestätigen mittlerweile zahlreiche internationale wissenschaftliche Untersuchungen. Sie belegen, dass Akupunktur besonders wirksam ist bei der Behandlung von Schmerzen im Bereich der Gelenke, Knochen und Muskeln, Geburtswehen und Entbindung, Kopfschmerzen, postoperativer Übelkeit, Übelkeit nach Radio- oder Chemotherpie, Beschwerden in den Wechseljahren, Menstruationsbeschwerden und Unfruchtbarkeit, Angstzuständen und leichten oder mäßigen Depressionen, Abhängigkeiten, Schlaflosigkeit, Multipler Sklerose und anderen chronischen neurologischen Erkrankungen, Beschwerden der Atemwege (Asthma, Bronchitis, Sinusitis, Allergien), Beschwerden des Verdauungsapparates und der Harnwege. Schwere und/oder chronische Erkrankungen lassen sich mit Akupunktur nicht heilen, doch in der Regel lassen sich Symptome lindern, Medikamente reduzieren und das allgemeine körperliche und seelische Befinden verbessern. Das lässt sich damit erklären, dass die Akupunktur sanft wirkt mit dem Ziel, die körpereigenen Kräfte und Ressourcen (das Qi und andere Vitalkräfte) zu bewahren und zu unterstützen, indem das Gleichgewicht wieder hergestellt und aufrecht erhalten wird. Daraus folgt, dass Akupunktur als komplementäre Therapie zusätzlich zu anderen Behandlungsformen eingesetzt werden kann.